Donnerstag, 22. November 2007

The downward spiral

Chris Isaak und sein „Wicked game“ eröffnen den musikalischen Reigen heute Abend. Es folgen Lou Reed, Primal Scream und die Cranberries. In der Küche sitzen alle meine Mitbewohner und trinken Glühwein. Wir hatten ein kleines Barbecue und redeten über Gott und die Welt, aber jetzt habe ich mich abgeseilt und auf mein Bett gesetzt. So wie jede Woche, so wie jeden Tag.


Kurz zuvor habe ich noch mit Despina gesprochen. Ihr geht es zwar etwas besser als letzte Woche, aber die Sache ist natürlich noch lange nicht ausgestanden. Sie erzählt mir viel von ihren Gedanken und Träumen, die wir dann manchmal auseinander klabüsern. Die merkwürdigste Geschichte war jedoch, dass sie und ihre Geschwister beim Tod ihres Vaters allesamt zur gleichen Zeit aufgewacht sind. Mitten in der Nacht rissen drei Menschen ihre Augen auf und blickten hinaus auf den Sternenhimmel. Irgendwie haben sie gemerkt, dass etwas geschehen ist...

Nächste Woche fliegt sie für die Beerdigung und alles andere nach Stockholm. Es graut ihr jetzt schon vor diesen Tagen in der Heimat. Sie wird die Familie sehen und versuchen, alles zu erledigen, was sie sich vor die Brust gesetzt hat. Hier in Athen hat sie eine Bekannte, die ihre Eltern vor einigen Jahren verloren hat. Durch sie kann sie mehr Kraft schöpfen als durch Gespräche mit uns.

Geteiltes und gelebtes Leid ist halbes Leid.



Die letzte Woche war eine sehr kraftraubende Woche für mich. Es lag nicht daran, dass ich so viel für die Uni machen musste, sondern eher daran, dass ich selbst kraftlos war. Und vielleicht auch immer noch bin. Ich habe mich in meinem Zimmer verschanzt, Musik gehört und Schach gegen meinen Computer gespielt. Keine Lust auf nichts und niemanden. Ich habe bewusst den Schlaf gesucht und ihn auch gefunden. Es ist unglaublich, wie müde mich diese Stadt macht. In der Regel reichen mir sieben bis acht Stunden, hier in Athen müssen es mindestens neun sein. Nach der Uni komme ich nach Hause und lege mich ins Bett, für mindestens eine Stunde. In der Nacht kommen dann nochmal acht bis neun Stunden hinzu. Dann wache ich auf und fühle mich so windig, dass ich mich gleich wieder hinlegen könnte. Acht Wochen Athen haben mich schon sehr in Mitleidenschaft gezogen. Von daher habe ich beschlossen, mindestens einen Tag in der Woche aus der Stadt hinaus zu fahren. Am kommenden Wochenende werde ich wahrscheinlich einen Ort am Meer besuchen, an dem ich dann hoffentlich meine Akkus wieder aufladen kann. So kann es jedenfalls nicht weitergehen...


Meinen Mitbewohnern wurde es irgendwann zu bunt, und sie haben mich mehr oder minder in die Küche gezerrt. Wir hatten das Wochenende Besuch von einem tschechischen Paar, und Samstag wurde in der Küche so richtig auf die Kacke gehauen. Ich saß an meinem Schreibtisch und habe irgendeinen Dreck im Internet angeklickt, als plötzlich Louis bei mir in der Tür stand und mich „ultimativ“ aufforderte, der Gesellschaft beizuwohnen. Wie sich herausstellte, war das die beste Entscheidung des Abends. Nach weniger als zehn Minuten hatte ich drei Pinnchen mit tschechischem Rum intus. Jirka war Koch, DJ, Barkeeper und Entertainer in einer Person. Er hat sogar extra vegetarisch für mich gekocht, damit ich auch mal aus meinem Zimmer komme. Ich war schwer beeindruckt und habe mich in das Getümmel gestürzt. Wir sangen tschechische Schlager und fluchten wild herum, bis wir irgendwann die Stühle beiseite räumten um zu tanzen. Die Stunden zogen ins Land und ich fühlte mich nach einer kleinen Ewigkeit wieder etwas wohler in meiner Haut. Die Sonne schickte schon ihre ersten Strahlen durch das dichte Wolkenkleid, als ich ziemlich angeschlagen in mein Bett fiel. Ein tiefer Schlaf umfing mich, welcher über acht Stunden andauerte. Es gewitterte zunächst, aber ich schnürte nach dem Frühstück meine Schuhe und zog eine Regenjacke an, um zum Tempel des Zeus zu gehen, ganz in der Nähe der Akropolis. Die Wolken lösten sich auf, und ein fahles Licht umhüllte die massiven Säulen. Um mich herum sausten Japaner, Spanier und Briten, als ich meinen Kunstführer aufschlug. Als ich dann las, dass dieser Tempel unter der Tyrannis der Peisistratiden angefangen wurde, fühlte ich wie noch nicht zuvor, dass ich mich in der griechischen Hauptstadt befinde. Im vorletzten Semester besuchte ich ein Seminar zum Thema „Athenische Demokratie“, und in der Hausarbeit schrieb ich auch über den Tyrannen Peisistratos und seine beiden Söhne, welche vor über 2500 Jahren die Macht inne hatten.

Für einen Moment fühlte ich mich präsent wie schon lange nicht mehr. Das Wissen und der Ort durchströmten mich, so dass ich für einen Augenblick Eins mit ihm wurde. Fast wie letztes Jahr in Rom, als ich durch die alten Stätten lief und mir die Bauten, Statuen und Gemälde ansah, welche ich zuvor nur auf Dias betrachten konnte. In diesem Momenten lernt man die Zeit zu schätzen, die man an einem besonderen Ort verbringt. Die alltägliche Selbstverständlichkeit löst sich auf. Ja, ich bin in Athen, ich studiere hier fast ein halbes Jahr. Ja, ich habe ein halbes Jahr Zeit, um mir alles anzusehen. Bullshit, ich habe mir bis dato kaum etwas angesehen. Es ist verführerisch zu sagen, dass man genug Zeit hat, sich alles wichtige anzusehen. Man hat die Zeit, aber man macht es dann doch nicht. Zumindest habe ich das bisher so gemacht. Das Wetter wiederum lädt einen gerade jetzt zu einem Museumsbesuch ein. Also, worauf warten sie noch Herr Mohren?!


Am selben Abend habe ich noch meinen Lieblingsort besucht. Es ist eine alte Ruine kurz unterhalb der Akropolis, von welcher aus man fast die ganze Stadt sehen kann. Sie liegt einem sprichwörtlich zu Füßen. Ein Teppich von weiß-grauen Häusern, der sich die Hügel hinaufwälzt und kurz vor dem Meer seine Fransen in die Gischt legt. Hier versammeln sich dann die Touristen, die Einheimischen, die Einsamen und die Verliebten. Sie küssen sich vor dieser Kulisse die Münder wund, und sie haben sich dafür den vielleicht schönsten Ort ausgesucht. Besonders an diesem Abend, als die Wolken und die untergehende Sonne über Piräus dem Himmel ein einzigartiges Farbenkleid auftrugen. Unfassbar schön. Sollte es in unserer WG endlich Internet geben, so werde ich einige Bilder hochladen. So etwas muss man gesehen haben...


Wie ihr dem letzten Satz entnehmen könnt, haben wir noch kein Internet. Unsere Vermieterin Sissi denkt sich jede Woche eine neue Ausrede aus, um unseren Fragen zu entgehen. Seit Wochen warten wir nun auf das Modem. Es liegt bereits beim Vodafone-Händler, welcher angeblich keine Kreditkarte akzeptiert. Bar bezahlt Sissi nicht, aus Prinzip. Vielleicht hat sie das von ihrem amerikanischen Ehemann übernommen. Wir wissen es nicht. Wir wissen nur, dass wir langsam aber sicher sehr sauer auf sie werden. Nicht nur wegen des Internets. Sissi hat die Angewohnheit, sich in jede Kleinigkeit einzumischen, sei es persönlich oder nicht. Dabei kann sie sehr taktlos, unfreundlich und respektlos sein. Da hilft dann auch ihr breites Grinsen nicht mehr weiter. Uns sind jedoch die Hände gebunden. Wir müssen warten, bis sie die pomadige Dame aus ihrem Haus bequemt und uns endlich das Modem bringt...




Durch meinen Durchhänger hatte (und habe) ich eine recht ereignislose Woche. Es gibt nichts, was ich weiter berichten könnte und wollte. Vielleicht putze ich mir jetzt die Zähne und lege mich schlafen. Aus der Küche höre ich jedoch noch Ondrej und Jirka, und vielleicht trinke ich noch ein Glas Wein mit ihnen.


Alles wird gut.

Benjamin




Das Video der Woche soll Aufschluss über meinen Eskapismus der letzten Woche geben. Es ist unglaublich, was man sich alles ansieht, nur um ein Stück Heimat und Bekanntes um sich zu haben.

Schrecklich.

Donnerstag, 15. November 2007

Interferenz

Wie ich heute feststellen musste, kann man sich das schöne Video von "Puscifer" nur als YouTube-Mitglied anschauen. Das ist schade, aber ich habe für Ersatz gesorgt.

Ab Freitag haben wir hier, nach Aussage unserer Vermieterin Sissi, endlich Hi-Speed Internet. Dann werde ich auch neue Fotos hochladen.

Noch ein Nachtrag zum Thema Kommunismus: Donnerstag und Freitag fällt der Unterricht an allen Unis in Athen aus, da die Feierlichkeiten zum 17. November anstehen. Vor 33 Jahren wurde nämlich die Militär-Junta in Griechenland beendet. Davor mussten jedoch ein paar Studenten ihr Leben lassen (darum auch das Polizei-Verbot auf allen Campus hier in Athen). Diesen Menschen und Momenten wird gedacht, und die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren:

- Das Gelände um die Polytechniou wird seit heute mit riesigen Lautsprechern ausstaffiert.

- In unserer Fakultät fand eine lautstarke, kämpferische und gutbesuchte Veranstaltung der studentischen Linken statt. Man stimmt sich ein für das Wochenende.

- Einige Dozenten warnten uns davor, Freitag und Samstag ins Studentenviertel Exarchia zu gehen. Die Polizei ist an diesen Tagen wohl übermäßig gereizt und schlägt gerne mit dem Knüppel um sich. Auch, wenn keine Gefahr droht.

- Man erwartet das alljährliche Szenario: Die Studenten werfen mit Steinen und verschanzen sich dann auf das Uni-Gelände. Die Polizei steht dann davor und wirft Tränengas auf den Campus, bis irgendwann alles vorbei ist.


Uns stehen also heiße Tage bevor.

Mittwoch, 14. November 2007

Kummer, Klischees und Kommunismus

Woche Nummer Sieben in der südlichsten Hauptstadt Europas. Ein verranzter und verregneter Dienstag liegt hinter mir, und Eric Clapton gibt mir den Rest. Unplugged.

Aus dem Nachbarzimmer höre ich Louis und seine neue Flamme Sara herumtollen. Ansonsten ist es ruhig, besonders heute Abend. Mein französischer Mitbewohner hat die schlimmen Nachrichten noch nicht gehört, die die Stimmung in der WG drückt...

Despinas Vater ist heute in Schweden gestorben. Die Arme läuft den ganzen Tag durch die Wohnung, weiß weder ein noch aus. Jeder von uns hat einen Klos im Hals und möchte ihr gerne helfen, aber keiner weiß wie. Der Tod ihres Vaters ist für sie der zweite Schicksalsschlag innerhalb einer Woche. Vor wenigen Tagen hatte ihr Freund einen Autounfall, den er schwer verletzt überlebte. Seine beiden Cousins hingegen sind dabei ums Leben gekommen. Bisher hat ihm noch niemand von dieser Tragödie erzählt. Arme Despina. Erst gestern haben wir uns darüber unterhalten, wie wir schlechte Nachrichten aufnehmen und damit umgehen. Wir waren uns einig, dass wir in den ersten Tagen allein sein möchten, bevor wir mit jemandem darüber reden. Und heute geschieht solch etwas schlimmes. In den letzten Wochen war ich des öfteren das offene Ohr, an das sie sich wandte, wenn irgendwo der Schuh drückte. In den nächsten Tagen werde ich mich mit Fragen nach ihrem Wohlbefinden zurückhalten. Vielleicht hilft ihr dann eine Umarmung mehr als aufmunternde Worte. Ich weiß es nicht.


Eine kurze Pause. Neben mir liegt ein kleiner Zettel mit Notizen, die ich während der letzten Tage gemacht habe. Es fällt mir gerade nur schwer, davon zu erzählen. Anstelle dessen gibt es nun diesen Zeilen. Stream of consciousness. Eric Clapton singt „Tears in heaven“, draußen erklingt eine Polizeisirene, es ist 23:12h. Ich wage mich an den ersten Punkt meines Zettels:


Dort habe ich vermerkt, dass ich über meine WG schreiben möchte. Vielmehr über das Glück, in diesem internationalen Kessel Buntes gelandet zu sein. Wir verstehen uns nach wie vor gut, gehen gelegentlich zusammen aus und achten immer noch darauf, dass das Geschirr nach der Benutzung gespült wird. Jeder gibt sich Mühe, dieses tolle Gemeinschaftsgefühl aufrecht zu erhalten. Man lacht, lebt und, wie heute erfahren, leidet zusammen. Das finde ich wunderbar.

Ich kenne andere Wohngemeinschaften, die von solch einer Atmosphäre nur träumen können. Eine Bekannte zum Beispiel muss sich ihr Zimmer mit einem streng-katholischen Mädel aus Rumänien teilen. Ihre Gemeinsamkeiten lassen sich an einer Hand abzählen, und so wird die tägliche Fahrt nach Hause zum gedanklichen Spießrutenlauf. Da hilft es auch nicht, wenn ihre zweite Mitbewohnerin aus Italien sich oft an ihre Seite stellt. Sie ist bei weitem nicht die Einzige, die das eine oder andere Problem mit ihren Mitbewohnern hat. Von daher bin sehr froh darüber, in dieser WG zu leben. Bei sechs verschiedenen Menschen aus vier verschiedenen Ländern hätte es durchaus auch eine explosive Mischung geben können. Wir Ihr hier jedoch lesen könnt, kam alles ganz anders.


Plattenwechsel. Tori Amos – Scarlet's walk.

Ich erzähle Euch nun ein wenig von der Aufmüpfigkeit des griechischen Volkes. Radikale Reformen sind in diesem Land nicht einfach durchzusetzen. Und wenn es die Regierung oder das Parlament dennoch versucht, dann gibt es Demonstrationen und Streiks. Letzten Monat habe ich allein vier Demonstrationen und einen Streik miterlebt. Letzte Woche protestierte der Dachverband der Menschen mit Behinderungen gegen Einsparungen, und stellte seinen Stand kurzerhand auf eine der Hauptverkehrsadern dieser Stadt. Busse mussten umgeleitet werden, die blaue U-Bahnlinie Richtung Flughafen war hoffnungslos überlaufen.

Die Polizei ist allgegenwärtig, mit Maschinengewehren und auch mit Handgranaten. Die Schlagstöcke sind obligatorisch. Dann läuft mir jedes Mal ein kleiner Schauer über den Rücken, wenn ich sie irgendwo stehen sehe. Der Staat möchte Stärke zeigen. Und die Studenten zeigen, worin sie ihre ideologische Kräfte ziehen. Es ist unübersehbar. Gleich beim Betreten der Uni sieht man sie, die roten Plakate. Auf einem fegt Lenin mit einem dicken Besen die Bonzen vom Globus, ein anderes zeigt ihn in erhabener Rednerpose. 1917: Das Jahr der russischen Revolution. Und eben diese ist wohl auch historisches Vorbild für viele griechische Studenten. Was vor neunzig Jahren geklappt hat, kann wohl heute auch funktionieren. Wenn es denn funktioniert hätte. Der Kommunismus sieht auf dem Papier immer gut aus, aber in der Wirklichkeit? Wenn meine tschechischen Mitbewohner diese Plakate mit den unzähligen Hämmern und Sicheln sehen, dann können sie nur den Kopf schütteln. Sie haben diese Zeit nicht bewusst miterlebt, aber von ihren Eltern genug Geschichten gehört. Von Diktatur, Mangelwirtschaft, Unterdrückung etc...


Nichts desto trotz sind die Athener Universitäten fest in der Hand der studentischen Linken. Die Fassade der AUEB (Athens University of Economy and Business) könnte man auf dem ersten Blick für einen kommunistischen Jugendhort halten. Die Zäune sind von Transparenten bedeckt, auch die Wände sind mit Bannern überzogen. Im Gebäude selber stehen dutzende Stellwände mit selbst gebastelten Plakaten und Flyern. Man geht hier couragiert zu Werke und sieht sich wohl als Kern einer revolutionären Bewegung. Ich bewundere das politische Engagement der Studenten hier in Athen. Studiengebühren waren hier für kurze Zeit ebenfalls geplant, aber nach einer Massendemo wurde diese Idee sofort wieder auf Eis gelegt. Andererseits sind mir ihre Ideen und Vorstellungen zu radikal und vor allem geschichtlich nicht genug hinterfragt. Ich habe den Eindruck, als sähe man nur die Vorteile des Kommunismus, blendet aber die Nachteile vollkommen aus. Aber das ist nur meine Meinung. - Bald stehen sie sich wieder gegenüber: Die Polizisten zur Rechten, die Studenten zur Linken. Vielleicht noch in dieser Woche.


Tori singt gerade eines meiner Lieblingslieder auf diesem Album: I can't see New York.

Gestern habe ich mir ein paar Balladen von Westernhagen angehört und so auch mal wieder einen deutschen Text mitgesungen. Ich erwähne das hier nur, weil ich letztens in eine französischen WG eingeladen wurde und mehrere Stunden lang ausschließlich französische Musik lief. Mir hat sich eine kleiner Kosmos geöffnet, als ich Stücke von Serge Gainsbourg, Jacques Brel, Daniel Balavoine oder Charles Aznavour hörte. Die Größen des Chanson mussten aber irgendwann dem Franco-Pop der 80er weichen. Dann gab es Tanzmusik von Musikern, deren Name ich noch nie gehört habe (und deren Namen ich mir auch alle nicht merken konnte). Alle Franzosen lagen sich in den Armen, sangen ihre Lieder und tanzten dazu. Wunderbar, aber ungewohnt für mich als Deutschen. Ich kann mir nicht vorstellen, mich mit anderen Deutschen zu treffen und deutsche Musik zu hören. Und ich bin mir sicher, dass ich mit dieser Meinung auch nicht alleine da stehe. Kann man deutschen Schlager überhaupt mit dem französischen Chanson vergleichen? Ich verstehe die Texte leider nicht , habe aber gelesen, dass sich das Chanson gerne mit einer dicken Priese Ironie und Sarkasmus an alle möglichen Situationen des Lebens heran wagt. Vielleicht ist das das Geheimnis. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass ein großer Teil des deutschen Schlagers (oder deutscher Schlager generell) einfach nur schlecht ist. Ein Geschwafel von Liebe und Sehnsucht in seiner seichtesten Form. Gesungen von Toni Marschall, Drafi Deutscher, Roberto Blanco oder Roland Kaiser. Alles Flachpfeiffen. An dieser Stelle muss man vielleicht Personen wie Udo Jürgens oder Reinhard Mey hervorheben. Aber im Ernst, die beiden sind vielleicht die Einzigen, die den Franzosen das Wasser reichen können. Und der neue Indie-Pop ála „Wir sind Helden“ und „Mia“ überzeugt mehr die Jugend als alle anderen. In Frankreich nimmt man die Chansons wohl schon mit der Muttermilch auf und behält sie bei, bis die nächste Generation zu ihren Klängen dahin schmilzt. Bien!


Chansons sind typisch französisch wie das Croissant, das Baguette und den tollen Rotwein aus Bordeaux. Soweit die Klischees. Aber man kann ihnen nicht ausweichen: Früher oder später wird man als Erasmus-Student mit ihnen konfrontiert. Und in meinem Falle muss ich feststellen, dass ich einigen Klischees durchaus entspreche...


Das zeigt sich in vielen Kleinigkeiten. Ich unterstreiche wichtige Passagen in Büchern entweder mit einem Textmarker, oder eben mit einem Bleistift samt Lineal. Ich bin der einzige Mensch im Griechisch-Kurs, der auf letztgenannte Art und Weise arbeitet. Ein anderes Beispiel ist Pünktlichkeit: Falls es etwas später wird, rufe ich an oder schreibe eine SMS. Studenten aus anderen Ländern (vor allem Griechen, Italiener und Spanier) sehen das nicht so eng. Dafür trinke ich als Deutscher noch lange nicht soviel Bier, wie manch einer vermuten würde. Mir fehlen außerdem die blonden Haare und die blauen Augen. Mein Gesicht ist auch nicht eckig. Das hat nämlich ein Mädel aus Paris gedacht, die ihr Land noch nie verlassen hat. Diese und andere Dinge hört man sich dann mit breitem Grinsen an, bevor man die eigenen Ansichten zu einem Land los wird.


Scheibe Nummer 3 an diesem Abend. Boards of Canada mit „Music has the right to children“.

Genau das akustische Gegenteil von dem, was ich letztes Wochenende mit Teresa gemacht habe. Wir sind irgendwann im Laufe des Abends an der Polytechniou-University gelandet und haben dort unzählige Punks mit Irokesenschnitt zu House-Musik abgehen sehen. Als es uns zu bunt wurde, sind wir in den ersten Stock gegangen und haben ein paar Hocker und Tische über den Marmorboden geschliffen, bis dieser erbärmlich krächzte. Es war, als würden wir einen Dialog über die Hocker führen. Answers and questions. Questions follow answers and vice-versa. Einige von den Rockern kamen kurz hoch und zogen sich unserem Minimal-Noise rein. Dann verschwanden sie wieder und verpassten unsere Percussion-Einlage, die durch das ganze Gebäude schallte. Es schien keinen zu stören, dass wir knapp 20 Minuten lang infernalischen Krach machten. Aber wen sollte das auch kümmern? Die Punker zelebrierten in der Aula ihren eigenen Terror, ein Offizieller oder ein Security-Mann war nirgendwo zu sehen. Und die Polizei darf, nachdem irgendwann ein Student erschossen wurde, nicht auf das Uni-Gelände. Hier und überall in Athen. Anarchie für alle. Zumindest für diejenigen, die sie haben wollen.


Letzten Freitag muss mir, nach meinem kurzen Einkauf im OK-Market, ebenfalls ein anarchischer, ja vielleicht sogar kommunistischer Gedanke gekommen sein. Eine flüchtige Idee von einer Welt, in der man ohne Bargeld überleben kann. Aber es war wohl eher Gedankenlosigkeit, die mich meine Brieftasche in diesem Laden vergessen ließ. Mea culpa.

Nachdem ich merkte, dass mir etwas fehlt, bin ich sofort wieder zurück und habe alles abgesucht, keine fünf Minuten danach, jedoch vergeblich. Und so kann ich nun alle Studentenausweise neu beantragen (was jedoch weniger kompliziert ist als zunächst vermutet) und mir eine neue Bankkarte besorgen (was leider viel umständlicher ist als erwartet). Glücklicherweise waren die ganz wichtigen Dinge wie mein Ausweis, die Kreditkarte und mein Versicherungsausweis in meinem Zimmer. Der Dieb kann sich nun über 35 Euro und meine 5 Pfund Banknote freuen.

Meine Mitbewohner boten mir sofort etwas finanzielle Unterstützung an, die ich jedoch, dank meiner Eltern daheim, nicht annehmen musste. Jirka (einer der beiden Tschechen) wollte mir jedoch unbedingt helfen und bot mir einen Schnaps an, den wir dann auch beide zusammen getrunken haben. So sah die ganze Sache dann auch wieder etwas lockerer aus. Und dennoch: Brieftasche verlieren? Einmal und nie wieder. Die vielen fliegenden Händler in Athen wird es freuen, denn bei einem von ihnen werde ich mir bald ein neues Portemonnaie kaufen.


Ich habe vor wenigen Tagen auch anderweitig etwas Geld ausgegeben, und zwar bei einer Umbuchung meines Rückfluges nach Athen im Januar. Ich werde nicht, wie zunächst geplant, am 02. Januar zurückkehren, sondern erst am 12. Das gibt mir die Möglichkeit, einige von Euch länger oder überhaupt erst zu sehen. Außerdem kann ich so den Geburtstag meines Vaters mit feiern und evtl. ein paar Euro im Edwards verdienen, bevor es wieder nach Athen geht. Neun Tage Deutschland scheint mir im Nachhinein doch zu wenig, und so habe ich nun neunzehn daraus gemacht. Wenn es Dich freut, das zu lesen, dann freut es mich auch. Ich gebe zu, dass ich einige Menschen daheim sehr vermisse und mir manchmal wünsche, sie wären hier. Dann würde ich ihnen diese große Stadt zeigen, die einem Kurzurlauber wie ein Tollhaus vorkommen muss.

Vielleicht entschließt sich der eine oder andere zu einem Besuch. Er (oder sie) ist herzlich willkommen. Meine Mitbewohner werden hier in den nächsten Monaten ebenfalls Freunde und Bekannte beherbergen. Hier, dass ist Griechenland. Hier, dass ist Athen. Denkt drüber nach.



Das Video der Woche hat mit Athen nichts zu tun. Es ist der Clip zu einem Lied, das ich vor wenigen Wochen zum ersten Mal hörte und dessen eigenwillige Stimmung mich nach wie vor fesselt. Eine Melange aus Laszivität, Kitsch und Dunkelheit. Dazu ein treibender, grooviger Beat, den ich mittlerweile schon so häufig nach gespielt habe, dass meine Oberschenkel weich massiert sind. Der Text ist schrecklich flach, die Stimme hingegen toll. Einer meiner drei Lieblingssänger (Maynard James Keenan) steckt hinter dem Projekt „Puscifer“, welches Mitte Oktober sein erstes Album raus gebracht hat. Das Stück kann, wird und will nicht jedem gefallen. Für mich ist und bleibt es ein hartnäckiger Ohrwurm, den ich wohl so schnell nicht mehr loswerde.



Bye bye Benjamin.

Montag, 5. November 2007

xYz

Nach einem sehr relaxten Tag habe ich mich wieder an den altbekannten Ort begeben, eine Playlist zusammen gestellt und „Open Office“ gestartet. Von draußen höre ich die Autos und den Regen, der sachte an mein Fenster prasselt. Aus meinem Notebook lassen „Telefon Tel Aviv“ wiederum ein leises Clics and Cuts-Gewitter auf mich regnen. Hier, in diesem Zimmer.


Meine vier Wände sind nun, nach einer kleinen Aktion, freundlicher und ansehnlicher gestaltet. Zum einen durch ein schmuckes Foto von der Akropolis, zum anderen durch ein riesiges DIN A0 Poster, dass ich auf der Straße fand. Es ist der Plan einer Brücke, die irgendein griechischer Architekt vor nicht allzu langer Zeit entwarf. Ich habe das Ungetüm an meine Wand geklebt und es mit Buntstiften und meinem Füller angemalt bzw. beschrieben. Nach und nach richte ich mich hier ein, bedecke die großen, weißen Wandflächen mit bekanntem und gemochtem und mache somit dieses Zimmer zu meinem eigenen. So klebt z.B. auch das Foto von „Vatta“ an meinem Schreibtisch. Das tolle, wo er die Zähne fletscht, als wolle man ihm seines frisch gefangenen Fisches berauben. Postkarten aus der Bretagne und dem schönen Rothenstein hängen an der Pinnwand, klatschende Hände aus Andalusien und der engelsgleiche Sigur Ros-Fötus. Last but not least hängt auch mein Stundenplan an der Wand. Er sagt mir, dass mein Semester 17 SWS hat und ich jeden Morgen entspannt angehen kann, fängt doch die früheste Vorlesung um 11h an.


Nichts desto trotz muss ich etwas früher aufstehen, da mich die Fahrt zur Uni in der Regel 45 Minuten kostet. Der 608er Bus ist dann meist gerappelt voll mit Rentnern und Studenten, die müde drein blicken und am liebsten wieder zurück ins Bett wollen. An der Station „Akadimias“ leert sich der Bus, und ich schnappe mir einen Sitzplatz. Mit gefühlten 5 KM/h bewegen wir uns in den östlichen Teil Athens, an den Campus im Stadtteil „Zografou“. Stop and go. Stop, and go. Wer seinen Geduldsfaden trainieren möchte, ist in Athen genau richtig. Die alltägliche Fahrt wird sehr schnell langweilig, wenn man kein Buch oder etwas Musik zur Hand hat.
Besonders zur Mittagszeit ist die Innenstadt so dermaßen dicht, dass die Busfahrer kurzerhand alle Türen öffnen und die Leute auf die Gehwege strömen. Dann geht gar nichts mehr.

Der Campus in Zografou liegt auf einer kleinen Anhöhe, und die „School of Philosophy“ hat 9 Stockwerke. Von hier oben hat man einen schönen Ausblick auf die Stadt, bis hin zum Hafen in Piräus. Wenn man jedoch den Blick von den Häusern weg lenkt und sich die Luft anschaut, dann erkennt man die schweflig-gelbe Smogwolke über der Stadt. Dann glaubt man auch, dass die Akropolis erst in den letzten 100 Jahren in diesen schlechten Zustand gekommen ist. Und man weiß auch, warum Griechenland in der EU das Schlusslicht im Hinblick auf den Umweltschutz ist...


Sei's drum, ich laufe die Treppen wieder hinunter und gehe in den Hörsaal, wo mich die nächste Wolke erwartet. Es wird im gesamten Gebäude geraucht, und eben auch im Hörsaal. Einige Dozenten haben wohl auch nichts dagegen, wenn sich ihre Studenten während der Vorlesung eine Fluppe anmachen. In Dortmund wäre das alles undenkbar. Die Raucher müssen vor die Tür und können sich dort bei Wind und Wetter den blauen Dunst in die Lungen jagen. Hier ticken die Uhren eben etwas anders.

Das alles ist aber halb so wild, denn es sind nur einige Studenten in den Vorlesungen, die sich vor den 90 Minuten eine Zigarette anzünden. Der Rest unterhält sich mit den anderen, oder blättert in den Büchern. Der Großteil der Leute sind, natürlich, Griechen. Und einige von ihnen können wirklich gut Deutsch sprechen. Die große, schweigende Masse verfolgt den Unterricht mehr oder minder interessiert, macht sich gelegentlich ein paar Notizen und blättert ansonsten gerne in der aktuellen Ausgabe des „Vanity Fair“ oder „Cosmopolitan“. Der Dozent redet daher oft mit angezogener Handbremse. Das ist zumindest mein Eindruck als Muttersprachler. Und ich mache mir nichts vor: Dieses Semester wird nicht sehr fordernd, denn die Seminare und Vorlesungen hier dienen in erster Linie den Griechen. Sie sollen mit der deutschen Sprache in Kontakt kommen und sich an ihren Klang, ihre Worte und ihre Grammatik gewöhnen. Die verlangten Leistungen (Klausur, Hausarbeit, Referat) sind natürlich ein Test, den ich mitmachen muss und werde. Im Grunde genommen könnte sich aber jeder von den Erasmus-Leuten zumindest die Vorlesungen schenken, da alle wichtigen Infos in den Büchern sind. Nicht gefordert werden heißt aber nicht automatisch, dass man nichts Neues lernt.

Abgesehen davon streuen die Dozenten hin und wieder interessante und amüsante Anekdoten ein, die den Besuch der Vorlesungen lohnenswert machen. Und darüber hinaus ist es interessant zu sehen, welche Probleme anderssprachige Studenten mit dem Deutschen haben. Diejenigen, deren Deutsch gut ist, haben z.B. noch Probleme mit der Betonung. Von daher drehen sich einige von ihnen nach einer Meldung zu uns um, mit einem fragenden Blick in den Augen. Dann schaut auch der Dozent zu uns herüber und vergewissert sich, ob das eine oder andere Wort richtig ausgesprochen wurde. Die Dozenten selbst haben für eine längere Zeit in Deutschland gelebt und studiert und sprechen somit sehr gut Deutsch, wenn gleich sie natürlich ihren griechischen Akzent nicht verbergen können. Ich hoffe außerdem, innerhalb der Veranstaltungen einen griechischen Tandem-Partner zu finden. Dazu muss ich jedoch erst viel besser Griechisch können. An den Dozenten im Sprachkurs soll das nicht scheitern...


Der Griechisch-Kurs findet jeden Dienstag, Mittwoch und Freitag in der Zeit zwischen 15 bis 18h statt. 3 mal 3 Stunden Griechisch, mit kleinen Hausaufgaben. Das Unterrichts-Tempo ist wirklich rasant, und ich kenne einige Erasmus-Leute, die sich ernsthaft überlegen, nicht schon jetzt den Kurs zu schmeißen. Wir sind eine bunte Truppe mit Leuten aus Spanien, Litauen, Tschechien, Holland, Italien, Frankreich, der Türkei und Deutschland. Letzte Woche fingen wir mit dem griechischen Alphabet an, welches bis kommenden Mittwoch sitzen muss. Es folgten kleine Redewendungen wie z.B. „Ich heiße...“ oder „Ich komme aus...“. Während des Unterrichts muss jeder Einzelne mal nach vorne an die Tafel, und bei einer Vorlese-Runde muss jeder mehrmals griechischen Begriffe dechiffrieren und wiedergeben. Ich bin wirklich gespannt, wie gut mein Griechisch nach diesem Kurs ist. Wir werden es erleben...


Nach dem Kurs fahren die meisten von uns in die Mensa nach Exarchia. Dort gibt es noch bis 21h warmes Essen. Auch am Wochenende kann man sich dort den Bauch voll schlagen, und das zweimal am Tag, und völlig kostenlos. Einige von uns kochen mittlerweile gar nicht mehr zu Hause, sondern sie gehen direkt in die Mensa. Das Essen selbst ist nicht der Knaller. Oft ein Schuss zu viel Öl, oft zu lang auf dem Herd (oder zu kurz) und sehr häufig Fleisch. Die alte, kauzige Dame hinter dem Tresen belächelt mich immer, wenn ich einen vegetarischen Teller bestelle (den es so gar nicht gibt). Ich bin allerdings auch nicht der einzige Vegetarier in der großen Erasmus-Gruppe, und so leiden wir gemeinsam in Griechenland. Fleisch-Land. Land der drehenden Souvlaki- und Pita-Spieße. Es ist nicht einfach, aber eben auch nicht unmöglich. Die Menschen können es im ersten Moment nicht verstehen, aber dann geht es doch. Irgendwie. Und selbst dann, wenn ich die Bockwurst aus der Suppe puhlen muss. Es geht.


Dann lieber doch einkaufen. Der Champion-Markt ist nur 10 Minuten von mir entfernt und hat eine große Auswahl an verschiedenem Obst und Gemüse. Aber das ist nicht der einzige Grund, warum ich dort hingehe. Es ist der erste Supermarkt, den ich auch wegen seiner Hintergrund Musik besuche. An manchen Tagen läuft der allseits bekannt QVC-Brainwashing Soundtrack. An anderen jedoch lustiger Jazz a la Helge Schneider, und dann wiederum auch japanische Popmusik. Dann stöber ich in den Regalen, packe Nudeln, Schokolade und Äpfel in den Korb und, naja, tanze auch dazu. Innerlich natürlich, und auch nur ein wenig.

Das Grünzeug muss immer abgewogen werden, und wenn keine von den Verkäuferinnen da ist, kommt auch schon mal das Sicherheitspersonal an die Waage. Im besagten Champion-Markt ist es eine kleine, pummelige Frau. Sie trägt eine schwarze Uniform und hat dicke Aufnäher auf ihren Schultern, die sie als Angestellte der Firma „Mega-Security“ ausweisen. Wenn es gerade keinen Ladendieb gibt und die Flaschen in den Regalen auch korrekt aneinander gereiht sind, wiegt sie auch mal meine Paprika und Tomaten. Ein guter Mensch, mit wahrscheinlich einem der langweiligsten Jobs der Welt.

Ich gehe auch zum Champion-Markt, weil die Kassierer dort nicht das Geld auf seine Echtheit überprüfen. Mir wurde, wie anderen Leuten auch, schon mal Falschgeld andreht. Ich weiß nicht mehr, woher die Scheine kamen. Wahrscheinlich habe ich sie in einer Bar bekommen, vielleicht aber auch aus einem Geldautomaten. Die meisten Kiosk-Besitzer (und der Champion-Markt) scheren sich auch nicht darum, ob es sich beim Geld um Original oder Fälschung handelt, und so nehmen sie alles an, was nach einer Euro-Note aussieht. Gut für uns, aber schlecht für denjenigen, der den Schein als nächstes bekommt...


Mit all den Tüten gehe ich dann nach Hause und mache mir was leckeres zurecht. Meine Vermieterin ist ebenfalls Vegetarier und eine, so wie sie sagt, gute Köchin. Ich habe ihr gesagt, dass ein Wok unsere Küche bereichern würde, und da hat mir die gute Frau kurzerhand einfach einen Ikea-Wok gekauft. Jetzt kann ich auch hier meine Asia-Pfanne machen, und das finde ich echt gut.


Was ich wiederum nicht so gut finde, ist der ganze Müll, den die Griechen mit ihrem Verpackungswahn herstellen. Brot wird grundsätzlich 2 mal eingepackt, in Papier und in eine Plastiktüte. Die Sachen auf dem Markt werden auch gerne doppelt und dreifach eingewickelt. Zwar gibt es hier auch Mülltrennung, aber ich habe den Eindruck, dass die meisten immer noch alles in eine Tonne kloppen. An vielen öffentlichen Plätzen stehen nun kleine Häuschen, an denen man seine Flaschen und Dosen abgeben kann. An den Seiten kann man auch noch gebrauchte Batterien und Mobiltelefone (ja) rein werfen. Immerhin.

Die Mülltonnen selbst werden in der Nacht geleert, Sehr häufig in der Zeit zwischen 23-4h morgens. Dann rumpelt es kurz in der Straße. Tagsüber ist bei dem Verkehr auch nicht an einen haltenden Müllwagen zu denken. Der kilometerlange Autokorso dahinter würde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die ganze Bandbreite an griechischen Schimpfwörtern benutzen, die dieses Land herzugeben vermag.

- - -

Hallo Athene, letzte Woche habe ich wohl ziemlich schlecht über Dich geredet. Ich habe zwar die Wahrheit gesagt, aber ich weiß, das Du eitel bist und das alles bestimmt gar nicht hören wolltest.

Du hast, wie alle Götter da oben auf dem Olymp, sehr menschliche Züge. Manchmal bist Du zickig, dann wieder wohlwollend. Gelegentlich auch eifersüchtig, rachsüchtig. Später jedoch wieder weise und gütig. Ich will nicht Deinen Zorn auf mich ziehen und mich dafür bedanken, dass Du mir in der letzten Woche wieder schönere Teile Deiner Stadt gezeigt hast und Menschen, die alles andere als verloren sind. So z.B. am letzten Freitag, als ich mit Jusin und Teresa zur Mensa lief. Irgendwann öffnete sich zwischen den vielen Häuserzeilen ein großer Spalt, auf dem wir die beleuchtete Akropolis sehen konnten. Für einen Moment war wir drei wie versteinert. Es gibt sie, diese magischen Augenblicke, und ich ertappe mich immer wieder in ihnen. Ganz gleich, ob es die Aussicht vom Lykavittos-Hügel ist, oder ob es die Opas sind, die mit ihren Rosenkränzen spielen, Kaffee trinken und sich dabei leidenschaftlich unterhalten. Du hast ganze Arbeit geleistet.
Μoυ αρέoεις.

Und dennoch verpasse ich Dir zum Schluss noch einen kleinen Dämpfer, denn ich möchte, dass die Leute daheim einen Eindruck von Deinem Verkehrschaos bekommen...


Mein Blog bietet, von nun an, mit jedem neuen Beitrag einen Link auf mein persönliches „Video der Woche“. Es muss dabei nicht zwangsläufig mit Athen in Verbindung stehen. In dieser Woche ist das jedoch der Fall. Schaut Euch mal an, wie sich ein Rettungswagen durch den dichten Verkehr mogelt. Einerseits lustig, andererseits beängstigend.


Bleibt gesund.

Benjamin.